Der Geruch von Erinnerungen.

Von Düften , Gefühlen und Erinnerungen.

Pflanzen

Frisch, kräftig und leicht erdig: Sobald im Sommer die ersten Regentropfen den Boden berühren, verströmt die laue Luft diesen einzigartigen, unverkennbaren Duft: Petrichor heißt der Geruch, der entsteht, wenn Wasser auf die von der Hitze getrocknete Erde fällt, Mikroorganismen im Boden und die ätherischen Öle der Pflanzen gemeinsam mit dem Regen reagieren.

Der Duft von Sommerregen – ein Geruch, der für viele von uns, wie kein anderer für die warme Jahreszeit steht, direkt gute Laune hervorruft oder uns vielleicht sogar an die eigene Kindheit erinnert. Das Beispiel zeigt, welche Kraft Gerüche haben können. Wir fragen uns: Was hat es damit auf sich und führen ein in die Welt dieses faszinierenden Sinneseindrucks. Dabei decken wir einige seiner vielleicht ungeahnten Talente auf.

Ein Sinn für die Zeitreise.

Unser Geruchssinn ist im biologisch ältesten Teil des Gehirns angesiedelt und zudem der am meisten unterschätzte unserer fünf Sinne: Laut einer Studie von Forschern der Rockefeller University in 2014 kann die Nase mehr Reize wahrnehmen als Augen und Ohren zusammen. Die New Yorker Wissenschaftler zeigten: Menschen können, wie bisher angenommen, nicht nur 10.000 Gerüche unterscheiden, sondern eine Billion. Wir haben mit einem Experten auf dem Gebiet des Geruchs gesprochen: Johannes Frasnelli, Professor für Anatomie an der Universität Trois-Rivieres in Quebec und Autor des Buches „Wir riechen besser als wir denken“, fasst die Kraft dieser beeindruckenden Sinneswahrnehmung zusammen: „Gerüche bringen uns einen Flashback, bringen uns wie in einer Zeitreise zurück in die Kindheit oder Jugend und man erlebt alles aufs Neue.“ Verbinden wir einmal einen Geruch mit einer bestimmten Situation, dann bleibt uns dies als Erinnerung erhalten und löst immer wieder dieselben Gefühle aus. Wir fragen uns, wie es zu diesem Phänomen kommt. Prof. Frasnelli erklärt: „Geruchsimpulse werden im gleichen Teil des Gehirns verarbeitet wie Emotionen. Im sogenannten limbischen System werden sie gemeinsam abgespeichert und als Erinnerung abgelegt.“ Deshalb sind häufig bestimmte Gerüche mit bestimmten Erinnerungen verknüpft, weil sie ein Gefühl im Gedächtnis hervorlocken, das in unserem Unterbewusstsein schwebte. Besonders spannend: Der Geruchssinn ist tatsächlich der einzige unserer Sinne, der auf diese Weise im Gehirn verknüpft ist. Andere Sinne, wie Sehen oder Hören, beanspruchen eine exklusive Gehirnregion für sich.

Pflanzen
Seife und Duftöl

Bewusstsein des Unbewussten.

Das Unterbewusstsein spielt eine entscheidende Rolle in der Wahrnehmung von Düften. Betreten wir einen Raum, nehmen wir beispielsweise einen intensiven Parfumgeruch sofort wahr. Aber was geschieht, wenn wir uns einige Minuten in diesem Raum aufhalten? Der Duft scheint nicht mehr so intensiv wie zu Beginn, obwohl er ja nicht einfach verschwindet. „Wir nehmen Gerüche bewusst nur wahr, wenn sie entweder sehr stark konzentriert oder unerwartet sind.“ sagt Prof. Frasnelli.

Doch die Überraschung, das Bewusstsein über den Duft verfliegt schnell. Zwar geht die Wahrnehmung des Geruchs hier in unser Unterbewusstsein über, er kann aber weiterhin Reaktionen, Emotionen und Gefühle in uns auflösen. „Dass wir uns einfach wohler oder unwohler fühlen und vielleicht gar nicht wissen warum, vielleicht sogar gar nicht bemerken, dass sich an unserem Wohlbefinden etwas ändert – das kann eben über die Gerüche ausgelöst werden.“

 Der Duft nach Blumen, frisch gemähtem Rasen oder dem salzigen Ozean – in jedem von uns können diese wohltuenden Düfte Gefühle wie Behaglichkeit, Freude oder Geborgenheit auslösen. Dieser Effekt findet auch im Duftmarketing Verwendung: Oft werden beispielsweise Duftsäulen in Verkaufsräumen aufgestellt, über die Klimaanlage gekoppelt oder die Produkte selbst mit synthetischen Düften versehen. Mittlerweile haben sich Hersteller darauf spezialisiert, ganze Duftkonzepte für Firmen zu kreieren. Vor allem größere Ketten besitzen heute einen „corporate smell“, einen charakteristischen Duft mit Wohlfühlatmosphäre. Generell kann man jedoch sagen, dass Düfte zwar Einfluss auf Stimmung und Gefühle haben, uns aber nicht unbedingt unbewusst zum Kauf von Dingen verleiten.

Taste follows scent.

Auch im Geschmack zeigt sich die kraftvolle Wirkung unseres Geruchssinns: Schon der Duft einer wohlriechenden, bekannten Speise regt unseren Appetit an, stimuliert Sinne und Magen. Dieser trägt nämlich den Hauptanteil am Genuss, da Aromen beim Kauen und Schmecken in die Nase gelangen. Heike Lohbeck, Tee-Expertin bei Avoury, erklärt in diesem Zusammenhang, warum Gerüche bewusst in Tees eingesetzt werden und wie bedeutend sie für den Genuss sind. „Jeder unserer Avoury Tees besteht aus unterschiedlichen Zutaten, die wir so miteinander kombinieren, dass Geschmack und Geruch perfekt aufeinander abgestimmt sind.“

 

Fuchtig-süß duftet etwa CREAMY STRAWBERRY. Kleine Erdbeerstücke im Tee, die so intensiv riechen, als wären sie frisch gepflückt. Zusätzlich erinnern uns die cremigen Nuancen an geliebte Erdbeer-Sahne-Bonbons aus der Kindheit. Das intensive Bouquet des FLOWERY RHUBARB mit seinen floralen Noten der Hibiskusblüte und süßlich duftenden Apfelstückchen hingegen sorgt für kraftvolle Frische im Glas. Ein aromatischer Tee, der schon zum sinnlichen Genuss wird, bevor die Zunge ihn wahrnimmt. Unser Geruchssinn ist also in jedem Fall nicht zu unterschätzen. Vielleicht nehmen wir nach den Einblicken in die aufregende Welt dieses Sinneseindrucks den Duft beim nächsten Sommerregen noch intensiver wahr.

glass of tea