Face of the Day: Hanne Willmann

Auf der Suche nach dem gewissen Etwas

Unzählige Artikel, eine schier endlose Auswahl an Podcasts und eine Timeline voller Bilder … In unserer digitalen Welt werden wir an allen Ecken mit neuen Ideen konfrontiert. Gewissermaßen leben wir nicht nur in einem Zeitalter des Information Overload, sondern auch des Inspiration Overload. Doch tief berührt werden wir dabei nur selten: Von den rund 11 Millionen Reizen, die unser Gehirn sekündlich verarbeitet, nehmen wir nur etwa 40 bewusst wahr – entweder, weil sie bestimmte Gefühle in uns wecken, oder – evolutionsbedingt – auf eine mögliche Bedrohung hinweisen. Die wahre Kunst besteht darin, unter der Vielzahl an Eindrücken das Besondere zu entdecken.

Eine, die sich diese Suche nach dem gewissen Etwas zur Lebensaufgabe gemacht hat, ist Hanne Willmann. Mit uns spricht die gefeierte Produktdesignerin über ihre „passion for simplicity“ und verrät, woraus sie ihre Inspiration schöpft.

Wie die Suche nach dem Schatz in einem weiten Ozean – so beschreibt Hanne Willmann ihren Designprozess. Ihr Ziel besteht darin, die perfekte Idee zu finden und ans Tageslicht zu bringen. Denn sie ist überzeugt: Design bietet eine einfache Lösung für jedes noch so komplexe Problem. „Mein Herz hüpft einfach, wenn ich geniale Lösungen sehe, die ganz unaufgeregt sind. Ein kleines Detail, das richtig durchdacht ist und nicht mehr sein möchte, als es wirklich ist. Ehrlich muss es sein“, fasst es Hanne Willmann zusammen.

Ehrlich und einfach.

Ob Möbel, Leuchten oder Geschirr – all ihre Designs eint die klare Reduktion auf das Wesentliche. Hanne Willmann geht es darum, das Augenmerk auf die Essenz der Dinge zu lenken. Dementsprechend könnte man ihren Stil mit „weniger ist mehr“ betiteln. Das wäre jedoch zu kurz gegriffen. Auch wenn sich ihre Produkte durch strenge Linien und klare Formen ohne Schnörkel auszeichnen, sind sie weder langweilig noch steril oder gar unemotional. Vielmehr gilt bereits von der ersten Idee bis zum finalen Produkt: Ohne Emotion geht es nicht. Oder wie es Hanne Willmanns zusammenfasst: „Gutes Design ist, wenn man sich emotional angesprochen fühlt.“

Bereits im kreativen Prozess ist Emotion die entscheidende Stellschraube, verrät die Designerin: „Die Emotion muss stimmen! Wenn ich so richtig hin und weg von der Aufgabenstellung bin, dann fließt alles. Ich sprudele dann vor Ideen und könnte die Nächte durcharbeiten.“ Anstrengend werde es erst, wenn sie das Gefühl für ein Projekt nicht bekomme. Das passiere zwar selten, aber wenn es einmal hakt, bleibe häufig nur ein Neustart, erklärt Willmann.

Kommt Zeit, kommt Rat.

Manchmal braucht es aber einfach etwas Zeit. „Oft lasse ich den fertigen Entwurf erst einmal ein paar Tage ruhen, bevor er dem Kunden präsentiert wird. Denn wenn man einmal drüber schläft und etwas Abstand gewinnt, kann man viel besser bewerten, welches Potenzial das Design hat“, erzählt Hanne Willmann. „Da wurde auch schon das eine oder andere verworfen. Umso schöner ist es dann, wenn ich auch Tage später nach dem Aufwachen so aufgeregt bin, weil ich den Entwurf nicht aus dem Kopf bekomme“, schwärmt sie.

Die Quelle der Inspiration.

So vielfältig wie Hanne Willmanns Ideen sind, ist auch deren Ursprung. Die Inspiration für ihre Tischleuchte „FLAKES“ habe sie damals beispielsweise gefunden, als sie das Archiv eines Glasherstellers durchstöbert hat. Unter der Vielzahl alter Glaskugeln haben einige besonders ihre Aufmerksamkeit geweckt: bunte Kugeln, die man eigentlich in Blumenbeete steckt, um Vögel zu verjagen. „Daraus ist dann die Idee entstanden, das ganz groß zu machen“, erinnert sie sich.

So trivial das Beispiel scheint: Manchmal sind es genau die unscheinbaren und alltäglichen Dinge, die den entscheidenden Stein ins Rollen bringen. Dementsprechend tue es ihrer Kreativität keinen Abbruch, dass klassische Inspirationsquellen wie Reisen in ferne Länder oder Begegnungen mit neuen, besonderen Menschen momentan wegfallen, erzählt Hanne Willmann.

„Inspirationen finde ich immer und überall, dafür muss ich eigentlich gerade nicht verreisen.“ Stattdessen arbeite sie momentan sogar effektiver. „Corona begann, als ich im dritten Monat schwanger war. Ich weiß nicht, ob es Corona oder der kleine Lebenswandel mit Baby war, aber ich bin deutlich fokussierter, wenn ich arbeite. Ich habe weniger Zeit, aber die möchte ich möglichst sinnvoll nutzen“, verrät sie.

Eine Tasse Kreativität.

Während ihre Designs durch Einfachheit und Reduktion überzeugen, kennt ihre „Passion für simplicity“ jedoch eine Ausnahme: Bei Tee schlägt ihr Herz besonders für ausgefallene Kreationen. Hanne Willmann, die sich als „Tee-Junkie“ bezeichnet, trinkt am liebsten Kräuterinfusionen. „Das mag langweilig klingen, aber es gibt so fantastische Zusammenstellungen von Kräutern, die richtig glücklich machen. Ich glaube, bei Tee ist mein Motto eher „passion for complexity“, erzählt sie lachend.

Quellen:

Über Hanne Willmann, ihren Anspruch und ihre Designs

  • https://hannewillmann.com/about/
  • https://hannewillmann.com/category/creative-direction/
  • https://www.schoener-wohnen.de/tipps-trends/43214-rtkl-design-diary-designerin-der-stunde-5-fragen-hanne-willmann
  • Persönliches Interview mit Hanne Willmann

Zum Thema Inspiration Overload

  • https://www.br.de/radio/bayern2/sendungen/radiowissen/psychologie/intuition-gefuehl-106~attachment.pdf?
  • https://www.fastcompany.com/3016292/how-to-find-inspiration-in-the-age-of-information-overload
  • https://medium.com/@sarahtaylor_15095/how-to-deal-with-inspiration-overload-397a14e9891
  • Roetzel, P.G. (2019). Information overload in the information age: a review of the literature from business administration, business psychology, and related disciplines with a bibliometric approach and framework development. Business Research 12, 479–522.

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