Aber wie neu ist die neue Lust an der Nüchternheit wirklich? Tatsächlich stehen Alkohol und der Verzicht darauf schon länger im Fokus gesellschaftlicher Debatten. Maßgeblich dazu beigetragen hat die britische Autorin Ruby Warrington, die 2018 mit ihrem Buch "Sober Curious" für ein neues Verhältnis zu Alkohol plädierte. In Warringtons Augen ergab es schlichtweg keinen Sinn, täglich Yoga zu machen und grüne Smoothies zu trinken, wenn man abends an der Bar einen Drink nach dem anderen bestellte.
Diese Sichtweise fand großen Anklang. Inspiriert von Warringtons Ratgeber bildete sich sogar eine eigene Bewegung. Die Anhänger:innen des "Sober Curious Movement" in den USA hinterfragten eigene Gewohnheiten sowie gesellschaftliche Konventionen und gaben den Konsum von Alkohol auf oder reduzierten ihn. Von dort aus schwappte die Bewegung nach Europa, wo heute vor allem in urbanen Gegenden mit exotischen, alkoholfreien Drinks auf die neue Lust an der Nüchternheit angestoßen wird. Ganz nach dem Motto: voller Geschmack bei null Promille.
Egal ob Liquid Evolution oder Sober Curiosity – im Kern geht es bei beiden Trends um die Offenheit und Neugier, fernab der traditionellen Getränkeklassiker neue Kreationen zu entdecken. Darauf reagieren auch die Getränkehersteller, insbesondere junge, engagierte Start-ups. Durch das Zusammenspiel aus Kreativität, Experimentierfreude und der nötigen Produktkenntnis entstehen so alkoholfreies Craft Beer, Cuvée aus Bergapfelsaft oder Hopfenlimonade. Die Zeiten, in denen sich die Auswahl an alkoholfreien Getränken auf Wasser oder Tee, Saftschorle oder zuckersüße Limonade beschränkte, sind definitiv passé.